· 

Nährstoffe in Tierischem

Von Chris

 

Carnivore führt nicht zu Nährstoffmangeln 

 

“Du isst wirklich nur Fleisch?” 

 

Eine Ernährung, die primär auf tierischen Produkten basiert, wirkt auf die meisten Menschen eher exzentrisch. Den individuellen Speiseplan auf so wenig Lebensmittel einzuschränken, kann erstens nicht zufriedenstellend und zweitens absolut nicht gesund sein. Eine Google-Bildersuche mit dem Wort Vitamine zeigt dir etliche bunte Bilder von Obst und Gemüse. Absolut passend zu den Assoziationen, die die meisten zu dem Begriff haben. 

 

Fakt ist: Alle vom Menschen benötigten Nährstoffe können problemlos durch tierische Lebensmittel gedeckt werden. Es ist tatsächlich so einfach. 

 

Es gibt keine essentiellen Nährstoffe in Pflanzen, die nicht in tierischen Produkten zu finden sind. Mit “essentiell” sind Stoffgruppen gemeint, die unverzichtbar für den Körper sind, nicht selbst gebildet werden können und daher durch Nahrung aufgenommen werden müssen. 

 

Viele Nährstoffe (Vitamin A, Vitamin B12, DHA, Carnitin, etc.) sind sogar ausschließlich in tierischen Lebensmitteln zu finden. Gemessen am Kaloriengehalt von Fleischprodukten ist deren Vitamin- und Mineralstoffdichte bemerkenswert hoch. Als Beispiel: Nur ca. 5 Gramm Rinderleber reichen aus, um laut DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) den Tagesbedarf von Vitamin A für einen erwachsenen Mann abzudecken.  

 

VITAMIN C 

 

Das Krankheitsbild Skorbut, das auf einen Vitamin C (Ascorbinsäure) -Mangel zurückzuführen ist, steht in keinem Zusammenhang zu einer fleischbasierten Ernährungsweise. 

 

Eine Carnivore Ernährung mit wenigen Kohlenhydraten hat den Effekt, die Aufnahme von Vitamin C zu erleichtern und den Körper mit geringeren Mengen ausreichend versorgen zu können. Die Ursache hierfür liegt bei der starken Ähnlichkeit der Molekülstruktur von Glukose und Ascorbinsäure. Beide werden vom menschlichen Körper mithilfe desselben metabolischen Prozesses absorbiert. Wenn die zwei Substanzen gleichzeitig zur Verfügung stehen, gibt der Körper allerdings der Verstoffwechselung von Glukose den Vorrang. 

 

Alle Kohlenhydrate, egal ob in Brot, Obst, Gemüse oder Milchprodukten, werden im Verdauungstrakt durch Enzyme zu Glukose (Traubenzucker) aufgespalten. Über die Darmschleimwand wird diese dann aufgenommen und in den Blutkreislauf gebracht. Je kohlenhydratreicher die Ernährung gestaltet wird, desto schlechter ist die Aufnahme von Vitamin C gewährleistet. Carnivore Ernährungsweisen haben diesen Nachteil in der Regel nicht. Lediglich bei einer Variante, der “Animal-Based-Ernährung”, werden geringe Mengen von Kohlenhydraten strategisch eingesetzt und somit auch Vitamin C benötigt. 

 

Auf diese Weise lässt sich auch das Phänomen von Carnivore-Anhängern erklären, die über Jahre hinweg ausschließlich Muskelfleisch essen und keinerlei Mangelerscheinungen haben. Im Gegenteil, mögliche Symptome, die auf eine zu geringe Zufuhr schließen lassen könnten (Schwäche, Reizbarkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen), wurden nach kurzer Zeit der Umstellung erfolgreich überwunden. 

 

Die in frischem Fleisch geringfügig enthaltenen Mengen Vitamin C reichen bei einer Carnivoren Ernährung aus, um den Körper adäquat zu versorgen. Nichtsdestotrotz ist es ratsam, zusätzlich Organe wie Leber und Niere zu konsumieren. Hier ist nicht nur die Konzentration von Ascorbinsäure, sondern auch vieler anderer essentieller Nährstoffe signifikant höher. 

 

CALCIUM 

 

Ein weiterer Vorwurf wird in Bezug auf das Mineral Calcium gemacht. Der Nährstoff ist nicht nur verantwortlich für gesunde Knochen und Zähne, sondern auch für die Muskel- und Nerventätigkeit des Körpers. Die von der DGE empfohlene Tagesempfehlung von beachtlichen 1000 mg ist zugegebenermaßen schwer mit Fleisch und Organen zu erreichen. Ob diese Vorgabe jedoch auch für eine Carnivore Ernährung und nicht nur für eine Diät nach Standards der Ernährungspyramide zutreffend ist, zweifeln wir an. 

 

Eine Studie aus dem Jahr 1928 (1) beobachtete 2 Männer, die eine strikte Nose-to-Tail Ernährungsweise hatten. Alles, was der Körper eines Tieres entbehren konnte, stand also auf dem Speiseplan. Calciumhaltige Knochen oder Knochenbrühe wurden allerdings nicht konsumiert. Einer der beiden Teilnehmer war Polarforscher Vilhjálmur Stefánsson, der zuvor bereits über mehrere Jahre mit den Inuit zusammenlebte und über 9 Jahre deren traditionelle Carnivore Ernährungsweise praktizierte. Fasziniert von der Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Inuit, verfasste er das Buch “Not by Bread Alone”, indem er den Speiseplan des Volkes analysierte. 

 

Unter konstanter Beobachtung eines New Yorker Krankenhauses wurden die Männer über den Zeitraum eines Jahres regelmäßig untersucht, um mögliche Veränderungen des Blutbildes und Gesundheitszustands dokumentieren zu können. Resultat der Studie war, dass Stefánsson und Andersson bei bester Gesundheit blieben. Keiner der beiden litt unter Nährstoffmangeln, Zahnverfall oder Nierenproblemen. Auch der Blutdruck beider Teilnehmer war im Normalbereich. 

 

Die Ernährung der Männer lieferte allerdings maximal 25 % der empfohlenen Tagesdosis Calcium. Ein offensichtlicher Mangel konnte jedoch nicht diagnostiziert werden (1). An diesem Punkt könnte man argumentieren, dass der Zeitraum eines Jahres möglicherweise nicht lang genug war, um deutliche Mangelsymptome hervorzurufen. 

 

Auch aus diesem Grund wurde 12 Jahre später (2) veranlasst, die Zusammensetzung der Knochen von Inuit mit einer vergleichbaren Ernährungsweise zu analysieren. Traditionell bereiten auch diese keine Knochen zu, noch kochen sie nahrhafte Brühen mit ihnen. Fisch ist als regelmäßige Calciumquelle auch auszuschließen, da dieser nur selten zu fangen war. Die verfügbare Beute beschränkte sich auf Meeressäuger wie Walrosse und Robben. Die Untersuchungen der Inuitgebeine ließen auch hier keine Hinweise für einen Calciummangel feststellen. 

 

ANTINÄHRSTOFFE 

 

Eine Ernährung, die ausschließlich Fleisch beinhaltet, erleichtert die Aufnahme von Mineralien. Um diesen Zusammenhang zu erklären, hilft es, den Begriff “Bioverfügbarkeit” zu erläutern. Im Hinblick auf Ernährung beschreibt die Bioverfügbarkeit eines Nährstoffes dessen Menge, die über physiologische Stoffwechselwege verdaut, resorbiert und dem Körper zur Nutzung bereitgestellt werden kann. 

 

Da Stoffe wie Phthalate (3) und Oxalate (4) nachweislich Störfaktoren bei der Verstoffwechslung von Calcium sind, vermindern sie die Bioverfügbarkeit des Minerals. In tierischen Lebensmitteln gibt es diese Komponenten, die unter dem Sammelbegriff Antinährstoffe zusammengefasst werden, nicht. 

 

Wer auch hier die Einstellung “lieber Vorsicht als Nachsicht” hat, sollte sich Sardinen, Kefir oder Rohmilchkäse auf den Speiseplan schreiben. Falls du auf diese Lebensmittel nicht gut reagierst und jegliche Trigger für CED, Depressionen oder Autoimmunsymptome eliminieren möchtest, ist mit einer soliden Menge Knochenbrühe gut beraten. 

 

MAGNESIUM 

 

Auch Magnesium ist nicht mangelhaft in einer Carnivoren Diät. Ohne die Schwankungen der Wassereinlagerungen durch den Auf- und Abbau der Glykogenspeicher sinkt der Bedarf des Körpers (5). Um jedoch hier die tägliche Mindestmenge (350-400 mg für Männer, 300-350 mg für Frauen) zu decken, müssten Carnivore Puristen allerdings 1 ½ kg Rindfleisch vertilgen. Fisch wie Hering und Lachs kann hier von Vorteil sein. 

 

VITAMIN B1 

 

Ein Vitamin B1 Mangel ist auch bei einer Beef-Only Ernährung leicht zu vermeiden, wenn man auf Rinderherz zurückgreift. Bereits 200 g reichen, um die empfohlene Tagesdosis (1,0 mg bei Frauen und 1,2 mg für Männer) zu decken. Auch Milz und Niere sind gute Quellen. 

 

VITAMIN E 

 

Ein weiterer essentieller Nährstoff, der laut Meinungen vermeintlicher Experten nicht ausreichend mit Carnivore abgedeckt werden könne, ist Vitamin E. Die Aufgabe des Nährstoffs ist der Schutz von Zellen, Herz und Immunsystem. Er hemmt Entzündungsprozesse und unterstützt die Elastizität der Blutgefäße. Vitamin E ist ein fettlösliches Vitamin, was bedeutet, dass der Verzehr von fetthaltigen Lebensmitteln die Aufnahme erleichtert. 

 

Die am reichhaltigsten mit Tocopherol (chemischer Begriff des Vitamins) gesättigten Lebensmittel sind Lachsrogen und Kaviar. Falls du nun befürchtest, dass der finanzielle Bankrott droht, können wir dich erleichtern. Vitamin E wirkt als effektives Antioxidans. Der empfohlene Bedarf der DGE ist auch hier nur angemessen für eine kohlenhydratreiche Diät. Carnivore reduziert aufgrund des Ketonstoffwechsels erheblich oxidativen Stress (6) und verbessert die Aktivität der Mitochondrien. Auch die großen Mengen nährstoffdichter, gesättigter Fette, gestalten die Aufnahme fettlöslicher Vitamine effektiver. Größere Mengen Vitamin E wie bei der deutschen Standardernährung sind daher nicht nötig. Gute tierische Quellen sind neben Fischrogen, Forelle und Hühnereier. 

 

VITAMIN K 

 

“Da auf grünes Gemüse bei der Carnivore Ernährung komplett verzichtet wird, muss zwangsläufig ein Vitamin-K-Mangel auftreten" ist die Argumentation diverser “Ernährungsexperten”. Vitamin K ist ein Überbegriff für Phyllochinon (K1) und Menachinon (K2). Ersteres spielt eine Rolle bei der Blutgerinnung und ist tatsächlich überwiegend in grünem Gemüse zu finden. In Fleisch und anderen tierischen Erzeugnissen kommt die Substanz in geringerer Konzentration vor. Ein K1 Mangel ist extrem selten und häufig auf eine gestörte Darmflora zurückzuführen, die die Aufnahme des Stoffes ins Blut verhindert. 

 

Menachinon ist für arterielle Gesundheit und starke Knochen unerlässlich und hauptsächlich in tierischen Produkten zu finden. Empfohlene Tagesdosen beziehen sich lediglich auf die notwendigen Mengen von Vitamin K1. Es wird davon ausgegangen, dass K2 durch bakterielle Prozesse im Darm gebildet wird. In der Praxis ist das leider nicht der Fall (7). Um dem Körper allerdings genügend zur Verfügung zu stellen, eignen sich fermentierte Produkte wie Kefir oder Rohmilchkäse. Auch hier können wir wieder die Empfehlung geben, Leber zu essen. 

 

Die Behauptung, dass Vitamin K1 bei Carnivore nicht genug vorhanden ist, lässt sich mathematisch leicht widerlegen. Eine Tagesdosis von 600 g Muskelfleisch vom Rind genügt, um Empfehlungen gerecht zu werden. Da wir es auch hier mit einem fettlöslichen Vitamin zu tun haben, gestaltet sich die zelluläre Aufnahme ideal. 

 

Dass eine Ernährungsform, die sich ausschließlich auf Rindersteaks, Muskelfleisch und Fett beschränkt, extrem gute Resultate zeigt, um Autoimmunkrankheiten und CED (Chronisch Entzündliche Darmerkrankungen) zu heilen, ist mittlerweile kaum von der Hand zu weisen. Um jedoch optimale Vitalität gewährleisten zu können, werden Organe wie Leber, Milz und Herz benötigt. Sie gehören zu den nährstoffreichsten Lebensmitteln, die es gibt und ermöglichen, bereits mit kleinen Mengen den täglichen Bedarf verschiedenster Vitamine und Mineralien abzudecken. 

 

Ihr könnt den Autor erreichen unter chris@carnitarier.de.

 

 

 

(1) https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0021925818768427 

 

(2) Is Calcium Needed on a Carnivore Diet? | Paul Saladino MD 

 

(3) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/25799571/ 

 

(4) https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/15153567/ 

 

(5)  https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4549665/ 

 

(6) https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5012517/ 

 

(7) Rhéaume-Bleue, Kate 2018: Vitamin K2 und das Calcium-Paradoxon S.78 

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Manfred Grundler (Sonntag, 21 Juli 2024 15:09)

    Die­ser Be­richt er­mun­tert mich da­zu, im kom­men­den Win­ter mei­ne (früh-pa­läo­li­thisch nu­tri­tiv feu­er­lo­se) Er­näh­rung min­de­stens ein oder zwei Wo­chen lang nicht klein­sten­teils, son­dern größ­ten­teils mit Fleisch und da­ne­ben mit In­ne­rei­ën (bei­des in Wei­de­qua­li­tät) und wild ver­füg­ba­ren Ve­ge­ta­bi­li­ën aus­zu­üben, und da­durch grö­ße­re Men­gen an Fleisch an­zu­neh­men und zu be­vor­ra­ten als Som­mers.

    Weil früh­pa­läo­li­thi­sche Er­näh­rung ei­ner­seits zwar we­sent­lich schnel­ler zu nen­nens­wer­tem Ein­be­zie­hen von Fleisch als spät­pa­läo­li­thi­sche oder so­gar neo­li­thi­sche führt, aber an­de­rer­seits die er­ste deut­lich et­was an­de­re Vor­ge­hens­wei­se na­he­legt als die zwei­te und drit­te, bit­te ich das Schil­dern mei­ner von klas­si­scher Car­ni­vor-Er­näh­rung ab­wei­chen­den Vor­ge­hens­wei­se zu ent­schul­di­gen.

    Mit fleisch-über­wie­gen­der (Früh­pa­läo)­Er­näh­rung be­gann ich vor 20 Jah­ren im Rah­men von Über­le­bens­Übun­gen zwi­schen meh­re­ren Win­tern und Früh­lin­gen. Aber stets brach ich sie we­gen fut­tel­mit­tel-be­din­gter Miſs­qua­li­tät des Fleischs vor­zei­tig ab um häu­fi­ges hef­ti­ges Na­sen­blu­ten wie­der ab­zu­stel­len.

    Zum er­neu­ten Aus­pro­bie­ren fleisch-über­wie­gen­der Er­näh­rung be­vor­zu­ge ich nach wie vor die kal­te Jah­res­zeit, weil wäh­rend der war­men mei­ne Vi­ta­li­tät ab 7 Gew·% Fleisch­Er­näh­rungs­An­teil deut­lich nach­läſst und wäh­rend der kal­ten das Fleisch län­ger mit­tels preis­gün­sti­ger Aus­rü­stung um die 0°C halt­bar ist.

    Win­ters kann ich den Fleisch­An­teil zwar gut oh­ne Bé­ein­träch­ti­gung der Vi­ta­li­tät auf mind· 50 Gew·% er­hö­hen, schät­zungs­wei­se so­gar auf 80, aber auf 100 nicht oh­ne deut­li­chen Vi­ta­li­täts­rück­gang.
     Denn je mehr (un­ver­än­dert ro­hes) Fleisch ich täg­lich es­se, de­sto mehr steigt nicht nur mein Be­darf an Trink­was­ser, son­dern auch (wie bei den roh-car­ni­vo­ren Es­ki­mos¦​Inu­it) auch der an nicht­fruk­ta­len (Roh)­Ge­mü­sen. Mit dem Be­darf an die­sen Ge­mü­sen steigt eben­so auch de­ren Schmack­haf­tig­keit. Zum Er­hal­ten mei­nes Vi­ta­li­täts­gra­des hat sich mir das Decᷜ­ken die­ses Be­darfs stets als un­ent­behr­lich er­wie­sen.

    Um den Ge­halt an planz­li­chen Gift­stof­fe brau­che ich mich hier­bei eben­s­we­nig küm­mern wie über das Ent­ste­hen tie­ri­scher Harn­säu­re, weil (le­dig­lich) ul­tra-alt­mo­disch ro­he Er­näh­rung die Ge­schmacks-Al­liä­sthe­sie ak­ti­viert. Die­se be­wirkt vor dem Er­rei­chen der gif­tig wir­ken­den bzw· wer­den­den Ver­zehr­men­ge (wenn die Zun­ge das Le­bens­mit­tel schon kennt, dann recht­zei­tig) das Un­schmack­haft­wer­den des so­wohl pflanz­li­chen als auch tie­ri­schen Le­bens­mit­tels (mit Aus­nah­me von Tier­milch), was mich da­zu auf­for­dert, den Ver­zehr recht­zei­tig zu bé­èn­den und ich aus Er­fah­rung auch be­fol­ge.

    Ich bin sehr ge­spannt dar­auf, wie gut die ge­plan­te win­ter­lich car­ni­vor-be­ton­te Er­näh­rung sich bei mir be­wäh­ren wird.