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Pottenger

Das Pottenger – Experiment

 

In den 1930ern führte Dr. Francis M. Pottenger ein über 10 Jahre andauerndes Experiment an Katzen über mehrere Generationen durch. Auf die Idee kam er, als er Katzen nach der Operation pflegte und ihnen zunächst gekochtes Fleisch und später, weil er nichts anderes hatte, rohes Fleisch gab. Ihm fiel auf, dass die Katzen, die rohes Fleisch erhalten hatten, sich wesentlich schneller erholten. Um seine Vermutung zu bestätigen, führte er schließlich ein ordentliches Experiment an zwei Gruppen durch mit insgesamt 900 Katzen.

 

Während die Gruppe 1 mit Rohfleisch und Rohmilch sich über 9 Generationen prächtig entwickelte und auch gesunden Nachwuchs bekam, verkümmerte Gruppe 2 von Generation zu Generation immer mehr. Gruppe 2 bekam zwar auch zu 2/3 Fleisch und zu 1/3 Milch, aber das Fleisch war gekocht und die Milch pasteurisiert.

 

Die Katzen aus Gruppe 1 zeigten ein glänzendes Fell, eine normale Fortpflanzungsfähigkeit und waren frei von chronischen Erkrankungen. Sie blieben über Generationen hinweg gesund, hatten einen ausgeprägten Bewegungsdrang und tiefe Schlafphasen.

 

Im Gegensatz dazu entwickelten die Tiere der Gruppe 2, die gekochte Nahrung und Kondensmilch bekamen, bereits in der ersten Generation Anzeichen von Mangelernährung. Mit jeder weiteren Generation verschlechterte sich ihr Zustand. 

 

Während den 10 Jahren des Experiments, in welchem Dr. Pottenger das Vergleichs-Experiment „Rohes Futter vs. Kochkost“ durchführte, kristallisierten sich 6 Hauptsymptome heraus, die ausnahmslos in der Gruppe 2 mit gekochtem Fleisch zu beobachten waren:

 

1.) Deformitäten der Netzhaut mit den Konsequenzen Kurz- und Weitsichtigkeit

2.) Herzmuskelschwächen bis hin zum Herzversagen

3.) Erhöhte Anzahl an Totgeburten

4.) Verminderte Überlebensraten der Kätzchen

5.) Niedriges Geburtsgewicht

6.) Massive Entwicklungsstörungen, inklusive neurologischer Defizite, Wachstumsstörungen, Zahnprobleme, Knochendeformitäten, Unterfunktion und Entzündung der Schilddrüse, Nieren- und Leberentzündungen.

 

Die letzte lebende Generation 3 aus Gruppe 2 fütterte er schließlich auch mit Rohfleisch und Rohmilch und es dauerte dann 4 Generationen, bis die vollständige Gesundheit wieder hergestellt war.

 

Zu dieser Zeit war die Ernährung von Katzen noch wenig erforscht, erst um 1970 stellte sich mit Beginn der Untersuchungen zu dem Thema heraus, dass viele dieser Symptome durch einen Mangel an Taurin in der Katzennahrung erklärbar waren. [1] Aber auch der allgemeine Nährstoffverlust durch das Kochen ist vermutlich Ursache dieser Degeneration. Das Erhitzen von Lebensmitteln zerstört empfindliche Enzyme und Mikronährstoffe wie Vitamine und beeinträchtigt die Verwertbarkeit von Proteinen durch den Organismus. 

 

Als Aminosäure spielt Taurin auch für uns Menschen eine große Rolle und ist hauptsächlich in tierischen Nahrungsmitteln zu finden. Zu den zahlreichen Funktionen von Taurin im Organismus zählen die Gesundheit des Auges, wie bereits in Pottenger´s Katzenversuch ersichtlich wurde, eine adäquate Hydration und Regulation des Elektrolythaushaltes, die Funktion des Zentralen Nervensystems und als wichtiger Neurotransmitter ist Taurin zudem maßgeblich beteiligt an unseren Emotionen, dem Verhalten und Gehirnfunktionen.

 

Unser Körper ist zwar in der Lage, den Stoff selbst herzustellen, allerdings nur in geringen Mengen und die durchschnittliche Aufnahme von 400 mg über eine mischköstliche Ernährung nach empfohlener Lebensmittelpyramide kommt bei weitem nicht an die bis zu 3000 mg heran, die für die zahlreichen gesundheitlichen Vorteile der Aminosäure nötig wären:

 

So soll eine adäquate Versorgung unter anderem das Risiko für Diabetes und Herzkreislauferkrankungen senken und als Antioxidans Zellschäden vorbeugen. [2]

Neuere Untersuchungen weisen sogar auf eine verbesserte Fettverbrennung und verminderte muskuläre Ermüdung bei sportlicher Aktivität hin. [3]

 

Doch warum führte gekochtes Fleisch bei Katzen zu solch schwerwiegenden Mängeln und rohes nicht? Das Problem besteht vor allem in der Hitzeempfindlichkeit von Taurin: dieses zerfällt durch den Prozess des Erhitzens, sodass Gekochtes viel weniger davon enthält, bei mit hohen Temperaturen Gebratenes ist der Effekt noch ausgeprägter. [4]

 

Selbstverständlich lassen sich die Auswirkungen bei Katzen nicht zu 100 % auf den Menschen übertragen. Was jedoch eindrucksvoll gezeigt wird, ist, wie stark Hitze die Verfügbarkeit lebenswichtiger Vitamine reduziert. Wer also sein Steak regelmäßig durchgart, sollte also in Erwägung ziehen, ein paar Minuten weniger Garzeit aufzuwenden. Nicht nur Vitamin A, B-Vitamine, Vitamin C, K und E werden unter Hitzeanwendung zum Teil oder komplett zerstört, auch Mineralstoffe und Spurenelemente können bei hohen Temperaturen chemisch gebunden und für den Körper nicht mehr verfügbar werden. Auch die entzündungshemmende Fettsäure Omega 3 ist extrem empfindlich gegenüber Wärmeeinwirkung. Verdauungsfördernde Bakterien und Enzyme werden bereits bei 40 °C negativ beeinflusst. Bei derselben Temperatur beginnen auch Proteine zu denaturieren, was zur Folge hat, dass der Körper mehr Energie für die Verdauung benötigt. 

 

Folglich stellt sich die Frage, warum unsere heutigen Hauskatzen, welche üblicherweise mit gekochtem Katzenfutter ernährt werden, scheinbar nicht von solch massiven Defiziten betroffen sind? Weil dem Futter größere Mengen an Vitaminen und Mineralien zugesetzt werden. Zahnprobleme, Übergewicht und Zivilisationskrankheiten bekommen sie aber aufgrund der Kohlenhydrate in ihrem Futter heute immer mehr.

 

[1] https://www.researchgate.net/publication/274082777_Pottenger's_cats_revisited_A_classic_example_of_a_nutritional_deficiency_of_taurine

[2]

https://www.webmd.com/diet/foods-high-in-taurine

[3]

https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19239155/

[4] https://www.researchgate.net/publication/5243499_Impact_of_processing_on_the_taurine_content_in_processed_seafood_and_their_corresponding_unprocessed_raw_materials

 

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Gundula (Montag, 06 September 2021 18:59)

    Du gibt Deinem Hund "nur" rohes Fleisch/Innereien und Knochen, mehr nicht.
    Also:
    - keine Zusatzstoffe irgendwelcher Art wie separate Vitamine/Mineralstoffe
    - keine Öle wie Lachsöl ...
    - kein rohes Obst/Gemüse irgendwelcher Art
    - keine Algenzusätze
    - keine Rohmilchbutter
    - kein Eigelb

    auch keine
    - getrockneten Dinge wie Reh-Ohren mit Fell, Lunge usw.

    Machst Du Ausnahmen irgendwelcher Art bei Deinem Hund?

    Danke für Deine ausführliche Antwort, gerne in Stichpunkten.

  • #2

    Andrea Sabine Siemoneit (Dienstag, 07 September 2021 17:56)

    Hallo Gundula,
    mein Hund bekommt normalerweise am Tag ca. 600 bis 700 g Schlachtreste, bei einem Gewicht von 25 kg. Das ist eine Mischung aus Muskelfleisch, Innereien und Knorpel. Dazu gibt es Knochen, Gelenkknochen oder Markknochen, wobei ich das Mark immer selbst esse und die Knochen erst dann dem Hund gebe.
    Alles andere erscheint mir unnatürlich. Dadurch, dass das Fleisch recht kurz nach dem Schlachten gewolft wird, ist es auch noch recht bluthaltig.
    Keine Zusätze! Keine Ohren, kein Fell, etc.
    Nach dem Grillen bekommt der Hund auch mal die Knochen zum Knabbern.

  • #3

    Petr Tomasek (Donnerstag, 09 Januar 2025 11:08)

    Ich bin immer noch nicht davon überzeugt, dass roh vs. gekocht das Hauptfaktor war.

    Kondensmilch ist üblicherweise voll von Zucker und dieser ist dafür bekannt, dass er all die besagten Krankheiten, die bei den Katzen aufgetreten sind, verursacht. Oft wird so etwas in den Studien auch nicht vermerkt, wieviel Zuckerinhalt man da hatte...

    (Um klar zu sein: Ich habe nichts gegen Rohfleisch, kaufe mir auch regelmäßig Pfund Mett zum Frühstück...)